Bei Unfällen mit verletzten Personen zählt jede Sekunde. In bewohnten Gebieten bzw. auf öffentlichen Straßen erfolgt die selbständige und zielgenaue Anfahrt des Rettungswagens aufgrund von Adressen und Straßennamen normalerweise in wenigen Minuten. Anders hingegen ist es in Waldgebieten. Hier kennen sich die Rettungskräfte häufig nur unzureichend aus. Entsprechend hoch waren früher die Wartezeiten, bis die professionelle Hilfe beim verunfallten Waldarbeiter eintraf.
In einigen Bundesländern (Hessen, Rheinland-Pflalz, Baden-Würtemberg, Bayern, NRW u.a.) wurde daher bereits vor Jahren die „RETTUNGSKETTE FORST“ ins Leben gerufen. Leider ist die Rettungskette und deren Ablauf bis heute bei vielen Waldbesuchern, Brennholzselbstwerbern und sogar Feuerwehrleuten unbekannt. Der Artikel stellt Ihnen daher die Rettungskette Forst am Beispiel von Rheinland-Pfalz vor. In anderen Bundesländern erfolgt der Ablauf aber ähnlich.
Das Ziel der Rettungskette Forst
Das Ziel der Rettungskette ist eine möglichst ortsnahe und selbständige Anfahrt des Rettungswagens und damit eine schnelle Rettung des Verunfallten zu gewährleisten. Zu diesem Zweck wurden auf der Grundlage der topografischen Karten im Maßstab 1:25.000 an markanten und ganzjährig erreichbaren Waldorten (Wegekreuzungen, Lagerplatze, Aussichtspunkten, Waldspiel- und –parkplätzen) so genannte „Anfahrtspunkte für Rettungsfahrzeuge“ im Abstand von 1000 – 2000 Metern festgelegt und mit einem Schild draußen im Wald gekennzeichnet. Die Anfahrtswege wurden in der Karte dokumentiert und dienen so auch ortsunkundigen Besatzungen als zusätzliche Anfahrtsbeschreibung. Nach dem Ampelprinzip sind die Wege klassifiziert.
Grün = öffentliche Straßen und Wege
Gelb = ganzjährig befahrbare Feld- und Waldwege
Rot = jahreszeitlich bedingt befahrbare Feld- und Waldwege
Somit ist es also allen Waldbesuchern und Waldarbeitern möglich, mit einem Mobiltelefon unter Angabe der Anfahrtspunktenummer Hilfe bis genau zu diesem Punkt herbei zu holen, ohne dabei den Verletzten alleine lassen zu müssen.
Der Vorteil wird jedem klar, wenn man sich die Eintreffzeiten vor Ort vor und nach der Einführung der Rettungskette Forst einmal anschaut:
Dauerte es früher durchschnittlich über 50 Minuten bis zum Eintreffen der Rettungskräfte vor Ort, so liegt die durchschnittliche Anfahrtszeit heute, also nach der Einführung der Rettungskette, bei unter 20! Minuten.
Das Layout einer Rettungskarte
Die Anfahrpunkte sind normalerweise mit einem entsprechenden Schild gekennzeichnet. Nur bei eindeutige definierbaren Punkten (Brücken, Waldspielplätzen, etc.) hängen oftmals keine Hinweisschilder, da diese Punkte auch so klar zu erkennen sind.
Normalerweise handelt es sich hierbei um ganzjährig befahrbare Feld- und Waldwege. Im Winter 2010 musste man aber dennoch von Fall zu Fall entscheiden, ob der Rettungsdienst aufgrund der Schneemassen tatsächlich auch bis dorthin kommen konnte.
Hierbei handelt es sich i.d.R. um öffentliche Bundes- und Landstraßen, die problemlos mit allen Fahrzeugen befahrbar sind.
Die Wege sind nach dem Ampelprinzip gekennzeichnet.
In der Legenede wird zusätzlich der nächstgelegene Ort genannt. Diese Information ist für die Rettungskräfte bei der Anfahrt eine zusätzliche Hilfe.
Zusätzlich zum nächstgelegenen Ort wird noch eine stichwortartige Anfahrtswegbeschreibung gegeben. Auch das erleichtert den Einsatzkräften die Orientierung vor Ort. Zusätzlich sollte vor Arbeitsbeginn geprüft werden, ob der beschriebene Anfahrtsweg auch tatsächlich frei befahrbar ist!
Die Funktionsweise der Rettungskette Forst
Grundsätzlich erfolgt nach einem Unfall bei der Waldarbeit durch einen zweiten Waldarbeiter (die UVV Forsten verbietet ja ausdrücklich die Alleinarbeit) zunächst einmal die Erstversorgung des Verletzten. ______________________________________ |
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Danach wird umgehend mit dem Mobiltelefon (Funkverbindung vor Arbeitsbeginn prüfen) ein Notruf (Rufnummer 112) an die Rettungsleitstelle abgesetzt. Achtung: Die Leitstelle beendet das Gespräch! Die entsprechenden Notrufangaben sind vor Arbeitsbeginn auf einem Formblatt (wir bieten Ihnen hier ein solches Formblatt als pdf-Datei zum download [253 KB]
an) aufzuschreiben. ______________________________________ |
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Wenn möglich, sollte jetzt die KFZ-Warnblinkanlage eingeschaltet werden, um den Rettungskräften bei der Zielankunft auch einen visuellen Hinweis zu geben. Den Weg bis zur Unfallstelle ggfls. mit Sprühfarbe markieren. Der Verletzte wird weiter betreut. ______________________________________ |
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Trifft der Rettungswagen am Anfahrtspunkt ein, betätigt der Fahrer mehrfach das Martinshorn. Die Waldarbeiter geben nun mit einer Signalfanfare den Standort akustisch an. Sollten Sie nicht über eine solche Fanfare verfügen, kann auch die PKW-Hupe mehrfach betätigt werden. Hauptsache der Fahrer kann nun nach Gehör und nach Karte Ihre ungefähre Position orten und entsprechend weiterfahren. ______________________________________ |
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Ggfls. wiederholt sich der Vorgang an einer weiteren Kreuzung bzw. bei Unklarheit der Rettungsmannschaft über den weiteren Wegeverlauf. ______________________________________ |
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Trifft der Rettungswagen an Ihrem PKW ein, verlässt die Mannschaft das Fahrzeug und sendet ein Trillerpfeifensignal. Beantworten Sie am besten ebenfalls mit einer Trillerpfeife diesen Aufruf. So gelangen die Hilfkräfte bis zu Ihnen, ohne das Sie den Verletzten verlassen müssen. Anschließend erfolgt der Abtransport des Verletzten durch die Rettungskräfte. ______________________________________ |
Ausstattung und Vorbereitung der Waldarbeiter
- Rettungskarte
- Mobiltelefon
- Signalfanfare
- Trillerpfeife
- Farbsprühdose
- Formblatt Notrufangaben zur Rettungskette Forst
- Erste-Hilfe-Material
Zweckmäßig lässt sich das Material in einem Koffer o.ä. im Auto aufbewahren. Testen Sie vor Arbeitsbeginn, ob Sie ein funktionsfähiges Mobiltelefon (Akkuladung!) und eine gesicherte Mobilfunkverbindung vor Ort haben. Ist nur ein Mobiltelefon in der Arbeitsgruppe vorhanden, sollte dieses im Auto verbleiben. Es ist schon vorgekommen, das bei einem Unfall (Sturz, Quetschung, o.ä.) auch das Handy beschädigt wurde und eine Notrufabsetzung nicht mehr möglich war. Stellen Sie die sicher, dass alle Beteiligten an das Notrufmaterial gelangen können.
Als Brennholzselbstwerber (also Nicht-Profi) sollten Sie sich vor Arbeitsbeginn durch den zuständigen Revierleiter die notwendigen Daten (Rettungspunktnummer, Kartennummer, nächstgelegenen Ort) notieren lassen bzw. in Rheinland-Pfalz stehen diese Daten auf dem Erlaubnisschein. Ansonsten sollten Sie mindestens auch eine Trillerpfeife, Erste-Hilfe Material und die ausgefüllte Sprechanweisung mit sich führen.
Denken Sie schon bei der Arbeitsplanung daran, immer in Ruf- oder Sichtweite zur Ihrem Mitarbeiter bzw. Kollegen zu arbeiten.
Was muss der Notrufzentrale mitgeteilt werden?
Damit die Disponenten in den Rettungsleitstellen alle wichtigen Informationen erhalten und es im Ablauf der Rettungskette Forst nicht zu verzögerungen kommt, sollten Sie folgende Melderoutine berücksichtigen:
Wer | Nennen Sie deutlich Ihren Name |
Was |
- Wir haben einen Unfall im Wald/Forstamt (Beispielforstamt) - Unfallbeschreibung, z.B. Sturz, Schnittverletzung, Prellung etc. - Um wie viele Verletzte handelt es sich - Wird Hilfe durch die Feuerwehr (Bergung aus steilem Gelände) benötigt |
Wo |
- Nächster Ort (gemäß der Anfahrtsbeschreibung in der Rettungskarte) - Rettungskartennummer - Rettungspunktnummer bzw. Anfahrpunktnummer |
Zusatz |
- Geben Sie Ihre Mobiltelefonnummer an - Steht ein Lotse zur Verfügung, der am Anfahrpunkt evt. weiter führt?! |
Warten | Warten Sie auf die Beendigung des Gespräches durch die Leitstelle! |
Wer kann die Rettungskette Forst nutzen?
Alle, die im Wald Hilfe benötigen! Egal ob Profi, Hobbywaldarbeiter, Reiter, Jogger, Radfahrer, Wanderer usw. Wenn Sie über ein Mobiltelefon verfügen und beim Notruf (112) die richtigen Angaben machen, wird man Sie am Rettungspunkt finden. Selbst verirrte Wanderer hat man durch die Rettungskette bereits vor einer Übernachtung im Wald gerettet.
Wo bekomme ich Rettungskarten her?
Je nach Bundesland stehen regionale Rettungskarten zum kostenfreien Download bereit. In Rheinland-Pfalz können Rettungskarten beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation (Tel.: 0261/ 492 0) zum Preis von 9.20 Euro (bzw. 14,72 Euro für die laminierte Version) bestellt werden.
Weiterhin sollte Ihr zuständiges Forstamt behilflich sein können bzw. dort kann man Ihnen für den Bereich Ihrer Waldarbeit den entsprechenden Anfahrpunkt sicherlich nennen.
Gibt es Informationen zu speziellen Bundesländern?
Hier haben wir für Sie externe Links zusammengestellt, die aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben!
Nach unserer Recherche ist die Rettungskette Forst in allen Bundesländern eingeführt. Leider konnten wir aber auf den Internetseiten verschiedener Forstverwaltungen keine Informationen finden. Es ist also ratsam, bei den Forstämtern vor Ort im Zweifelsfall nachzufragen.
Das Team von www.motorsägenkette-schärfen.de wünscht Ihnen unfallfreies Arbeiten!